leben

Hein Wimmer wurde 1902 in Leverkusen-Küppersteg geboren. In seiner Jugend hatte er Kontakt zur katholischen Jugendbewegung Quickborn und besuchte schon als Schüler das Kloster Marienthal bei Wesel am Niederrhein. Dort entwickelte sich seit 1924 auf Initiative von Pfarrer Augustinus Winkelmann ein kreatives Zentrum. Künstler, die dort arbeiteten, statteten Kirche, Kloster und Friedhof mit Gemälden, Skulpturen, Glasfenstern und liturgischem Gerät neu aus. Hier begegnete Hein Wimmer Künstlern wie Heinrich Campendonk, Heinrich Diekmann, Peter Hecker, Jan Thorn Prikker, Josef Strater, Anton Wendling und anderen. Unter dem prägenden Eindruck dieser Bewegung ging er 1927 an die Kölner Werkschulen und studierte Bildhauerei, Gold- und Silberschmiedekunst.

Als Meisterschüler von Ernst Riegel schuf er 1928 eine aufwendig gearbeitete, kostbar vergoldete Strahlenmonstranz für Papst Pius XI. 1928/29 gestaltete er als Gewinner eines Wettbewerbs für die Klosterkirche von Marienthal einen großen Tabernakel aus versilbertem Bronzeguss in Kubusform, der auf allen Seiten mit figürliche Szenen zeigt. Dieses Kunstwerk wurde als außerordentliche Arbeit eines Meisterschülers in den Kölner Werkschulen ausgestellt. Auch die spätere Zusammenarbeit Hein Wimmers mit bekannten Architekten wie Karl Band, Fritz Schaller, Hans Schilling, Rudolf Schwarz, Emil Steffann und anderen, die nach dem Zweiten Weltkrieg den Wiederaufbau und Neubau von Kirchen im Rheinland und Westfalen prägten, nahm bereits seit den 20er Jahren ihren Anfang. Für die 1935 von Dominikus Böhm erbaute Christus-König-Kirche in Leverkusen-Küppersteg schuf Wimmer einen Taufstein und Apostelleuchter.

Altenberger Werkschar, ca. 1924, Hein Wimmer Erster von rechts, sitzend

Altenberger Werkschar, ca. 1924, Hein Wimmer Erster von rechts, sitzend

Nach der Werkschulzeit gründete Wimmer ein eigenes Atelier in Köln. Dessen erfolgreicher Betrieb gemeinsam mit seiner Ehefrau und Mitarbeiterin, der Künstlerin Trude Wimmer, geb. Weingärtner, kam durch den Krieg zum Erliegen. Für Wimmer folgten Jahre als Soldat und in russischer Kriegsgefangenschaft. 1948 kehrte er nach Köln zurück und nahm seine künstlerische Tätigkeit wieder auf. 1949 wurde er als Leiter der Abteilung Metall an die Werkkunstschule Krefeld berufen, erhielt 1965 eine Professur und war bis zu seiner Pensionierung 1967 dort tätig. Parallel zur Lehrtätigkeit entstanden in seinem Kölner Atelier unzählige Auftragsarbeiten für Kirchen und Institutionen, darunter ganze Chorraumgestaltungen mit Altären, Kreuzen, Tabernakeln, Monstranzen, Reliquienschreinen, Kelchen, Leuchtern, Patenen und weiterem liturgischen Gerät. Kirchorte, die von Wimmer ausgestattet wurden, sind z.B. die Kapellen der Jugendburg Gemen und des Priesterseminars Borromäum in Münster, die Liebfrauenbasilika in Trier, die Kirche Zum Göttlichen Erlöser in seiner Heimatgemeinde in Köln-Rath und viele mehr.

Arbeit am Krefelder Stadtwappen für das Rathaus, ca. 1965

Arbeit am Krefelder Stadtwappen für das Rathaus, ca. 1965

Für die Bischöfe Joseph Höffner, Heinrich Maria Janssen, Heinrich Roleff, Heinrich Tenhumberg, Hermann Volk und Helmut Hermann Wittler arbeitete Wimmer Bischofsringe, Bischofsstäbe und Kreuze. Seine Werke wurden als vorbildliche Arbeiten bei zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen über christliche Gegenwarts- und Goldschmiedekunst gezeigt, u. a. im Rahmen der Weltausstellungen 1958 in Brüssel und 1967 in Montreal. In Köln engagierte sich Wimmer als Mitglied und zeitweise Vorsitzender der ADK Köln (Arbeitsgemeinschaft des Kunsthandwerks) und Mitglied der Meisterprüfungskommission der Gold- und Silberschmiedeinnung. Er bildete im eigenen Atelier Lehrlinge und Gesellen aus und wirkte stilprägend für viele seiner Schüler und Studenten.

Neben der sakralen Kunst war Hein Wimmer auch auf dem Gebiet der profanen Gold- und Silberschmiedekunst tätig und schuf Ehrenringe und Preise, die Amtskette des Krefelder Oberbürgermeisters und das Krefelder Stadtwappen am Rathaus, Plaketten, Kunst im öffentlichen Raum und Schmuck. Zudem war Hein Wimmer Mitglied und zeitweise Vorsitzender der ADK Köln (Arbeitsgemeinschaft des Kunsthandwerks) und Mitglied der Meisterprüfungskommission der Gold- und Silberschmiedeinnung Köln.

Die kirchlichen Werke von Hein Wimmer sind geprägt von starker Ausdruckskraft und der Suche nach dem Geheimnis des Glaubens. Ästhetik und Übereinstimmung von Form und Funktion ist Gestaltungsgrundlage. Tabernakel sind mit Silberplatten belegt und reich mit Edelsteinen, kostbaren Elfenbeinschnitzereien und farbigen Emailornamenten ausgestattet. Messkelche aus getriebenem Edelmetall sind in ihrer klaren Gestaltung nicht nur Gebrauchsformen, sondern sakrale Objekte. Seine Christus-Darstellungen zeigen einen liebenden Gott, einen Triumphator und Kommenden.

Kennzeichnend für Wimmers Arbeiten ist die Verwendung eucharistischer Symbole wie Kornähre, Lamm, Traube, Fisch. Schrift als zeittypisches Gestaltungselement findet sich in vielen seiner Werke in Form von heilsgeschichtlichen Zitaten in deutscher, lateinischer oder altgriechischer Sprache. Das kunsthandwerklich-technische Spektrum umfasst in meisterlichem Können die gesamte Bandbreite der Gold- und Silberschmiedekunst wie Treiben, Gießen, Schnitzen, Schleifen, Emaillieren, Punzieren, Ziselieren und Granulieren, und ist darüber hinaus Ausdruck einer hohen skulpturalen Begabung im figürlichen Bereich.

Aufbau in der Kirche „Heilige Familie“ in Kirchhellen Grafenwald, 1971

Aufbau in der Kirche „Heilige Familie“ in Kirchhellen Grafenwald, 1971

lebenslauf

1902
Hein Wimmer wird am 15. Januar 1902 als jüngstes Kind des Schuhmachermeisters Karl Wimmer und seiner Frau Josefine (geb. Ruppert) in Küppersteg (Leverkusen) geboren.

1918
Ab ca. 1918 Mitglied in den liturgischen Jugendbewegungen Quickborn und Bund Neudeutschland. Als Gymnasiast besucht er zum ersten Mal das Kloster Marienthal bei Wesel am Niederrhein.

1920
Am 16.03.1920 Abschlussprüfung am erzbischöflichen Progymnasium Aloysianum in Opladen.

1922
Studium der Naturwissenschaft und Kunstgeschichte an der Universität zu Köln.

1924-1927
Unterrichtskurse für Jugendliche in den Kunstwerkstätten der Altenberger Werkschar (Leitung der Metallwerkstätte, Zeugnis Dr. Theissen).

1927-1933
Studium an den Kölner Werkschulen in der Klasse für Gold- und Silberschmiede und Metallbildhauerei bei Ernst Riegel. Zu dieser Zeit lehren dort u.a. R. Riemerschmid, J. Thorn Prikker, Seewald, D. Böhm.

1930
Ab 1930 ist Hein Wimmer Meisterschüler bei Ernst Riegel. Er gestaltet den Tabernakel für die Klosterkirche in Marienthal, der als außerordentliche Arbeit eines Meisterschülers in den Kölner Werkschulen ausgestellt wird. Zugehörigkeit zum Künstlerkreis um Pfarrer Augustinus Winkelmann mit J. Thorn Prikker, Heinrich Campendonk, Anton Wendling, Peter Hecker, Heinrich Diekmann, Josef Strater, Dominikus Böhm.

1933
Selbstständige Tätigkeit als Künstler mit eigenem Atelier in Köln. Bewerbung an der Krefelder Meisterschule für das gestaltende Handwerk (spätere Werkkunstschule). Ab Ostern 1933 soll Hein Wimmer als außerplanmäßige Lehrkraft an der Krefelder Handwerker- und Kunstgewerbeschule die Goldschmiedeklasse unterrichten. Er erhält die Stelle nicht, da er nicht in die NS-Organisation eintreten will.

 

1935
Heirat mit Gertrud Weingärtner (Studium der Malerei bei Friedrich Ahlers-Hestermann an den Kölner Werkschulen), die seine Mitarbeiterin im Atelier wird und vor allem für die Farbgestaltung und den Brand der Emails zuständig ist.

1937
Meisterprüfung im Gold- und Silberschmiedehandwerk vor der Handwerkskammer Köln.

1938
Geburt des Sohnes Sebastian.

1940-1947
Ab 1940 Soldat und von 1944-47 in russischer Gefangenschaft in Sibirien.

1944
Geburt der Tochter Regine.

1948/49
1948 wird Hein Wimmer aus dem St. Franziskus Hospital in Münster entlassen und erhält 1949 das Entlastungszeugnis der Militärregierung. Berufung an die Werkkunstschule Krefeld am 1.2.1949 als Leiter der Abteilung Metall.

1958
Teilnahme an der Weltausstellung in Brüssel, Deutscher Pavillon

1960
Studienrat z. A.

1961
Studienrat an einer höheren Fachschule, Beamter auf Lebenszeit

1965
Ernennung zum Professor, Auszeichnung mit dem Kunstpreis der Stadt Krefeld (Jan Thorn Prikker Plakette)

1967
Pensionierung vom Lehramt; weiterhin Tätigkeit als Künstler im eigenen Atelier in Köln-Rath. Teilnahme an der Weltausstellung in Montreal, Deutscher Pavillon

1986
Hein Wimmer stirbt am 12.5.1986 im Alter von 84 Jahren in Köln.